Pflegekräfte müssen „mit den Füssen abstimmen“!

Ich weigere mich Pessimist zu sein und die Pflege nur schlecht zu reden; über die Hälfte meines Berufslebens habe ich mich für eine menschenwürdige, mitarbeiterfreundliche Pflege eingesetzt und gekämpft, aber was sich seit Jahren in der Pflege entwickelt und wie Politik damit umgeht, lässt nur einen Schluss zu, der Kollaps ist nicht mehr zu verhindern.

Gottlob Schober, Chef vom Dienst bei report Mainz, bringt es in op-online am 12.04.2018 auf den Punkt: „In vielen Seniorenheimen gibt es nicht ausreichend zu essen und zu trinken“ und auf die Frage, „Wird denn durch mehr Geld für die Pflege alles automatisch besser und einfacher“? antwortet er: Leider nein. Oftmals werden Menschen gewindelt, obwohl sie mithilfe noch zur Toilette gehen könnten. Menschen haben häufig nicht die Möglichkeit, mindestens einmal täglich an die frische Luft zu kommen, weil niemand da ist, der sie begleitet. In jedem Knast ist der Hofgang Standard. Menschen werden gefesselt, nur weil sie gebrechlich und sturzgefährdet sind und niemand die Zeit hat, sie zu betreuen“.

Das fehlende Geld in der Pflege ist sicher ein Problem, aber falsche Gesetze, eine fehlgeleitete Kontrolle, und eine unzureichende und teilweise chaotische Ländergesetzgebung haben die steigende Frustration in der Arbeit mit begründet und viele Mitarbeiter aus dem Beruf getrieben. Zu enge Dienstpläne bei fehlendem Personal bringen die Mitarbeiter permanent an die Grenzen des machbaren. Die Würde der Menschen spielt keine Rolle mehr, wenn z.B. eine Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr im Praxisblog morgens 12 Bewohner versorgen muss und dann von ihrer Kollegin noch angesprochen wird, ob das nicht ein ´bisschen schneller geht`. Um es deutlich zu sagen, das sind keine Einzelfälle, wie es Träger oder Außenstehende gerne herunterspielen wollen, das ist Alltag in vielen Pflegeheimen. Wenn Herr Spahn sich jetzt dafür einsetzt mehr Personal in die Pflege zu bringen ist das ehrenwert, aber demokratische Prozesse brauchen Zeit, dazu gehören Verhandlungen und dann auch Kompromisse, das ist das Wesen der Demokratie, gut so. Der Pflege wird es aber nicht helfen, denn das Loch, das sich über Jahre entwickelt hat, ist viel zu groß. Die einzige Konsequenz ist, die Pflegekräfte müssen mit den Füssen abstimmen, sie müssen zu den Arbeitgebern wechseln, die eine gute Arbeit machen und nach Tarif bezahlen. Lieber für weniger Pflegebedürftige eine gute Pflege, als für Alle eine schlechte. Die leistungsstarken Träger kann man u.a. auch an den Pflegesätzen unterscheiden und die Differenzen sind sehr groß. Bei eine Wohngruppe mit 30 Bewohnern, kann der eine Träger einundzwanzig (21) Mitarbeiter nach Tarif in der Pflege bezahlen, der andere nur elf (11), glaubt man nicht, ist aber so und kann jeder Zeit überprüft werden. Politik redet immer von einer besseren Bezahlung, es gibt schon jetzt Träger, die Tarif bezahlen, ein menschenwürdiges Konzept umsetzen und bei denen die Führungsphilosophie stimmt, da sollten Pflegekräfte arbeiten und damit die Heuschrecken austrocknen, das nenne ich ´mit den Füssen abstimmen`.

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Den Pflegenotstand hält die aktuelle Politik nicht auf!

Ließt man nur seit Beginn dieses Jahres einige der Schlagzeilen in deutschen Pressemitteilungen, erkennt man schnell, wie es um die Alten-Pflege wirklich steht.
„Zu wenige Fachkräfte, zu große Mängel: Bei vier Pflege- und Altenheimen in Sachsen hat die Heimaufsicht jetzt die Notbremse gezogen“. MDR vom 18. Januar 2018
„In vielen Pflegeheimen in NRW droht ein Aufnahmestopp“, NRZ vom 02. April 2018
„Massive Beschwerden über Pflegeheim in Bedburg /Aufnahmestopp“, Rhein-Erft Rundschau 28. März 2018
„Altenhilfe-Träger verhängt Aufnahmestopp“, Die Pflegebibel vom 16. Januar 2018 „Der größte Altenhilfe-Träger im Kreis Göppingen, die diakonische Wilhelmshilfe, hat zum Jahreswechsel einen Aufnahmestopp stationär wie ambulant beschlossen, um die Überlastung ihrer rund 650 Pflegekräfte zu reduzieren und ein politisches Signal zu setzen, dass es so nicht mehr weitergehen könne“.
„Unterschleißheimer Pflegeheim in der Kritik“, Süddeutsche Zeitung vom 30. März 2018, Untertitel: „Die Geschäftsführung hat einen Aufnahmestopp verhängt“
„Wegen Mängeln: Aufnahmestopp für Bremer Pflegeheim“, buten un binnen 12. März 2018  Weiter schreibt buten un binnen am 04.04.2018
„Neue schwere Vorwürfe gegen Alloheim in Bremen“,
und am 05.04.2018 „Nach der wiederholten Berichterstattung von buten un binnen über Missstände im Pflegezentrum in der Marcusallee fordert der SPD-Abgeordnete Klaus Möhle die Schließung des Heims. Der private Betreiber Alloheim weist alle Vorwürfe zurück“.

Wie die Überschriften in der Presse deutlich machen, verschärft sich die Personalkriese in der Pflege tagtäglich und die Bemühungen der verantwortlichen Betreiber und Träger, für ihre Situation Lösungen zu finden, klaffen weit auseinander. Um seine Mitarbeiter vor den Überbelastungen zu schützen, ist ein gemeinnütziger Träger selber in die Offensive gegangen und hat sich einen Belegungsstopp auferlegt, weil er sieht, dass unter dem massiv zunehmenden Druck Mitarbeiter und Bewohner leiden. Ein anderer gemeinnütziger Träger wird durch Behörden und Kontrollen auf die Probleme in seinem Haus aufmerksam und stoppt jede weitere Belegung, um mit seinen Mitarbeitern das Problem zu bearbeiten. Ein dritter, privater Träger, wird nach den Kontrollen zur Nachbesserung aufgefordert, es ändert sich nichts, eine Tochter holt sogar die Mutter wegen schwerer Pflegemängel aus der Einrichtung und der Betreiber „weist alle Vorwürfe zurück“. Es ist zu vermuten, dass er die Probleme primär mit Hilfe seiner Anwälte „löst“.

Der Pflegealltag in deutschen Heimen ist am Limit und die Träger sind auf sich allein gestellt, wie sehen aber ihre Problemlösungsansätze aus? Der Geschäftsführer, der den Belegungsstopp für die Wilhelmshilfe entschieden hat sagt:  „Ziel sei es, ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben oder wieder zu werden. Mit Workshops, Schulungen, Qualifizierungen, Ethikberatung, Gesundheitsförderung und interner Konsolidierung wollen wir dafür arbeiten, „bis wir wieder auf Kurs sind“.                            Die richtigen Maßnahmen, um Mitarbeiter für die Aufgabe am Menschen wieder ernst zu nehmen, ihnen Raum für ein fachliches, ethisch verantwortbares Handeln zu geben. Die Bundesregierung sieht offenbar keine Priorität bei Gesundheit und Pflege, so muss man es aus den aktuellen „Angeboten“ des Gesundheitsministers ablesen, und die Realität überholt weiterhin alle Bemühungen verantwortungsbewusster Betreiber, aus der Kriese einen Weg zu finden; wie lange halten das solche Träger ohne eine kostendeckende Finanzierung und die konstruktive Unterstützung durch die Politik durch? Herr Spahn gibt sein Bestes, aber Demokratie braucht Zeit, für Verhandlungen und Kompromisse. Soll Pflege in Deutschland bald wieder so aussehen?

 

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Pflege ohne Ethik ist wie atmen ohne Luft!

Am 1. April hat bei Korian, dem größten deutschen Betreiber in der Altenpflege, ein „Experte der Gesundheits- und Pflegebranche“ begonnen, der als Leiter für den Bereich Qualität und Ethik zuständig ist. Korian schreibt in seiner Presseerklärung: „Wir freuen uns sehr darüber,…..einen ausgewiesenen Experten gewonnen zu haben, der innovativ und vernetzt denkt, und insbesondere bei den Praktikern anerkannt ist, weil er den Status quo der Pflege hinterfragt“. Es ist sehr zu begrüßen, wenn ein Konzern dieser Größenordnung einen Fachmann hat, der das Thema der Ethik in der Pflege in seiner Verantwortung sieht. Gibt es noch ein Bewusstsein für ein ethisches Handeln im Alltag, bei dem massiven ökonomischen Druck?

Machen wir es uns noch einmal bewusst, Ethik in der Pflege, so wird es vielfach in der theoretischen Ausbildung den Altenpflegeschülern vermittelt, hat vier übergreifende Prinzipien:
Prinzip der Ehrfurcht vor dem Leben! Jeder Mensch hat seine Würde, unabhängig davon, in welchem körperlich-geistig-seelischen Zustand er sich befindet. Diese Würde dauert bis zum Ende seines Lebens an und darf durch keinen anderen Menschen, durch eine Menschengruppe oder durch ein Gesetz aufgehoben und verletzt werden.
Prinzip der Autonomie/Selbstbestimmtheit!  Wille und Würde des Pflegebedürftigen stehen über jeder Pflegehandlung
Prinzip des Guten Tuns! Das Wohlbefinden soll gefördert werden. Entscheiden, was als Gutes Tunin der jeweiligen Situation beurteilt wird
Prinzip des Nicht-Schadens! Pflegebedürftige dürfen in körperlicher, seelischer und geistiger Unversehrtheit nicht geschädigt werden.

Mitarbeiter in der Pflege bringen als ihre persönliche Grundhaltung sicher die „Ehrfurcht vor dem Leben“ mit. Wie viel Zeit, Kraft und Geduld haben sie aber bei dem Personalmangel, den Willen eines Pflegebedürftigen zu erkunden und dann auch in ihrem Handeln umzusetzen und darüber hinaus auch noch das Wohlbefinden zu fördern? Die Frage einer möglichen Schädigung im körperlichen Bereich ist schon heute nicht mehr immer genau abzugrenzen, wie sieht es dann erst recht mit der seelischen und geistigen Unversehrtheit aus? Eine Mitarbeiterin ist dabei eine Bewohnerin vom Stuhl am Esstisch in den Rollstuhl zu setzen. Diese ist sehr ungelenk und die Mitarbeiterin packt sie am Hosenbund, reißt sie rüber und brüllt sehr wütend: „Mensch jetzt hilf endlich mit und beweg deinen Arsch mal rüber“. Eine von sehr vielen Situationen im Pflegalltag, die Insider, wenn sie ehrlich sind, sicher alle kennen. SEELISCHE UND GEISTIGE UNVERSEHRTHEIT?

Ich würde mir wünschen, dass der Experte für Qualität und Ethik in einem Unternehmen, das mit einem Jahresumsatz von 3,135 Milliarden Euro in 2017, davon allein in Deutschland 882 Mill. und prognostizierten Steigerungsraten zwischen fünf und acht Prozent p.a., der oben beschriebenen Ethik in seinen Einrichtungen wieder mehr Raum gibt und einen Rahmen dafür schafft, dass die Mitarbeiter diesen Raum auch wirklich füllen können. Korian schreibt allerdings auch: „er soll den Vorstand dabei unterstützen, KORIAN als Marke zu profilieren, die für nachhaltiges Wirtschaften, höchste Qualitätsstandards und Innovation steht, und somit als Top-Mitarbeitermarke zu etablieren“. Es ist zu befürchten, dass da nicht mehr viel Raum für die Ethik bleibt.

 

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Offener Brief an die ARD!

Sehr geehrte Damen und Herren der ARD Redaktion, die Sendung „Wie lösen wir den Pflegenotstand“, die sie der Produktionsfirma von Frau Maischberger abgekauft haben, könnte man, wenn man sehr böswillig wäre, unter dem Thema „Außer Spesen nichts gewesen“ abbuchen. Wie so oft bei solchen Talk-Shows, muss man sich die Essenz einer solchen Runde selber suchen. Aber nacheinander, Frau Berger und Frau Hallerman haben eindrucksvoll ihre persönlichen Erfahrungen mit Pflege vorgetragen, Erfahrungen, die täglich hunderttausende von Angehörigen in den unterschiedlichsten Ausprägungen erleben, die den Zuschauer sehr betroffen machen und den Pflegenotstand in Deutschland bestätigen, aber die wirklichen Veränderungsvorschläge vermissen liessen, außer dass das „Haus Pflege“ neu gebaut werden muss (Frau Hallermann). Herr Plett hat die Lanze für die Altenpflegekräfte gebrochen, die auf der einen Seite massiv überfordert sind, aber z.T. auch eine persönliche Befriedigung in dem Beruf finden. Es ist bekannt und allen klar, dass mehr Personal in der Pflege dringend nötig ist. Herr Rieger hat deutlich gemacht, dass man vom Polizisten über den Immobilienmanager zum Pflegerebell werden kann, indem man sich öffentlich gegen MDK Prüfungen wert und Herr Greiner hat sich, wie erwartet, um konkrete Antworten auf an ihn gestellte Fragen herumgedrückt, stattdessen dafür plädiert, dass man die Noten des MDK „richtig“ lesen muss. Konstruktive Anregungen waren verständlicherweise von diesen Gesprächspartnern auch nicht zu erwarten, weil sie doch in ihrem eigenen Erleben stark gefangen sind. Bei einem Aufsatz in der Schule zu dem Thema hätte der Lehrer darunter geschrieben „Thema verfehlt“.

Herr Spahn hat sich in dieser Runde sehr bemüht am eigentlichen Thema zu bleiben, er würde z.B., wenn der Koalitionspartner mitzieht, die MDK Prüfungen sofort aussetzen bis sich etwas „Besseres“ findet, das ist doch schon mal ein Wort. Darüber hinaus bestätigte er viele der Anmerkungen seiner Gesprächspartner und wiederholte mehrfach: „das verstehe ich gut, und „darüber müsste man sprechen“. Seine eigentliche Aussage aber trifft den Kern des Problems, nämlich, das an der Decke (der Finanzen) Viele ziehen, heißt: jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Diese Botschaft macht klar, Politik wird nur sehr begrenzt Mittel einsetzen um den Pflegenotstand zu beheben und daraus gibt es für alle Aktiven in der Pflege nur eine Konsequenz, „hilf dir selbst“. Frau Berger hat dann ungewollt aber sehr aufrichtig und sensibel den Schlusspunkt gesetzt und der heißt in der Übersetzung, „wenn ich einmal schwerstpflegebedürftig werden würde, möchte ich nicht mehr leben“, das hat sie so mit ihren Kindern besprochen. An dieser Stelle kommt dann wieder die Politik ins Spiel, die auf der einen Seite seinen Bürgern vorschreibt wie sie zu sterben haben (§ 217 StGB), aber nicht die notwendigen Mittel und gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zur Verfügung stellt, dass eine pflegebedürftige Zeit bis dahin menschenwürdig und mit Fachverstand gestaltet werden kann. Sehr geehrte ARD Redaktion, das wäre doch mal ein Spannungsfeld, das sachkundig und kompetent diskutiert werden müsste.

Illustration Jürgen Pankarz
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Können wir das Ruder in drei Jahren rumreißen?

Es ist auch ein bisschen eine Bankrot Erklärung, wenn der Präsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner in einem Interview sagt: „Wir müssen in den kommenden drei Jahren das Ruder rumreißen, sonst sehe ich schwarz“.

Ein kurzer Blick zurück ist erlaubt. Für die Altenpflege gibt es auf Landes- und Bundesebene eine Vielzahl von Interessenvertretungen, da sind zum einen die Spitzenverbände der verschiedenen kirchlichen und privaten Trägergruppen, der Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege, aber auch der Deutsche Pflegerat, er ist ein Zusammenschluss vieler Berufsverbände. Sie alle vertreten die Interessen der Pflegenden und der zu Pflegenden. Im Jahr 2003 berief das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) über 200 Fachleute aus den verschiedensten dieser Gremien zu einem sogenannten „Runden Tisch Pflege“, „um die Lebenssituation hilfe- und pflegebedürftiger Menschen in Deutschland zu verbessern“. Bis zum Sep. 2005 erarbeiteten die Teilnehmer unter dem Titel „Verbesserung der Qualität in der stationären Betreuung und Pflege“ verschiedene Vorschläge, einen davon unter dem Titel  „Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind in stationären Pflegeeinrichtungen für eine gezielte Personalgewinnung und – bindung konsequent zu verfolgen“. Übrigens, im Nov. 2005 trat Frau Merkel ihre erste Kanzlerschaft an. Warum schreibe ich das so ausführlich, weil alles längst bekannt ist, die Politik außer Marginalien nichts gemacht hat und die vielen Interessenvertreter/innen in diesen Jahren das Ruder hätten rumreisen können. Die Autoindustrie hat sich durchgesetzt, die Pharma Konzerne haben sich durchgesetzt, die Chemische Industrie hat sich durchgesetzt, etc., etc. etc. die Pflege Lobby „hat darauf hingewiesen“ .

Aber schauen wir nach vorne. Es ist davon auszugehen, dass die Prognose von Herrn Wagner Realität wird, heißt, Politik wird keine grundlegenden Änderungen in der Pflege umsetzen und der Personalmangel wird das bleibende Problem der Altenhilfe für die kommenden Jahre /Jahrzehnte und er wird sich noch verstärken. Eine Konsequenz daraus wird allerdings auch sein, dass das Personal verstärkt dort arbeiten wird wo sie gute Bedingungen vorfinden, nämlich fair und respektvoll behandelt werden und entsprechend entlohnt. Aus vielen Jahrzehnten Leitung weiß ich, dass dazu u.a. eine starke Organisation, eine offene und verbindliche Kommunikation, effektive Strukturen und nachvollziehbare Entscheidungswege gehören, die die Leitung in einem verbindlichen Wertekodex auch selber praktiziert, denn die Mitarbeiter können nicht „Zwei Herren dienen“. In einer solchen Einrichtung entsteht ein gutes Arbeitsklima, zuverlässige Diensteinteilungen und die wichtigen Förder- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter, wie Herr Wagner sie anspricht. Nur die Einrichtungen und Träger, die das begreifen, werden einem humanen Menschenbild dann noch gerecht, alle anderen werden nur ums Überleben kämpfen.

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Ist gute Qualität in der Pflege zu erkennen?

„Unangemeldete Prüfungen für Pflege-TÜV“, rbb Sendung vom 06.04.2018.

Der Versuch des Senders, an Hand einer MDK Prüfung (genannt Pflege TÜV) in einem Pflegeheim zu zeigen, was „Qualität“ im Pflegealltag bedeutet, ist in dem Beitrag deutlich geworden. Auf einer Pflegestation eines Pflegeheims in Brandenburg, auf der 33 Bewohner leben, waren an diesem Tag 4 Pflegemitarbeiter eingesetzt und der Reporter hat darauf hingewiesen, das für jeden Bewohner 15 Minuten für die Morgentoilette zur Verfügung standen. In dieser Zeit müssen die Mitarbeiter die bettlägerigen, dementen und körperlich massiv eingeschränkten Damen und Herren aus dem Bett holen oder im Bett entkleiden, waschen, pflegerisch versorgen, ankleiden und Frühstück anreichen. Da wird jedem bewusst, das ist Fließband und hat mit Qualität nicht viel zu tun? Die wirkliche Qualität in diesem Haus waren die freundlichen und zugewandten Mitarbeiter, die sich bemühten trotz Zeitmangel und viel Druck am Menschen zu bleiben.

Die Prüfung selber bezog sich auf die Überprüfung der Pflegedokumentation und Stichproben (drei) bei einzelnen Bewohnern, ergänzt um die persönliche Befragung und in Augenscheinnahme der Ausgelosten vor Ort. Der Herr, der sich bereit erklärt hatte auch gefilmt zu werden, wurde aufgefordert die Arme hochzuheben und gebeten, ob die MDK Mitarbeiterin sich seinen Po ansehen darf. Er wurde gefragt ob er, wie geplant, einmal täglich in den Rollstuhl gesetzt wird. Die unklare und auch verneinende Antwort des Bewohners überging die Dame. Stattdessen reichte es ihr, dass er auf die Frage, ob die Mitarbeiter freundlich sind und das Essen schmeckt, bestätigend antwortete. Wie fühlt sich ein hilfloser, abhängiger Mensch, wenn eine wildfremde Person kommt und will eine „Fleischbeschau“ durchführen, um die Punkte in ihrem Protokoll ordnungsgemäß abzuarbeiten. Die Prüfer erklärten, das sei die Überprüfung der Ergebnisqualität. Das ist keine Kritik an den Prüfern, das ist massive Kritik am Prüf-System.

Die Prüfer kontrollierten außerdem noch in der Pflegedokumentation die ordnungsgemäße Handhabung der Medikamente, die Sturz- und Lagerungsprotokolle, aber auch darüber hinaus die Betreungsangebote,  die Dienstpläne der Mitarbeiter und die Speisepläne verbunden mit einem Blick in die Küche. Das Ergebnis dieser Prüfung wurde dann mit der Leitung besprochen. In dieser Einrichtung „verschlechterte“ sich die Gesamtnote von 1 auf 1,2. Diese „Verschlechterung“ war neben einer zweiten Marginalie darauf zurückzuführen, dass bei einem Medikament eines Bewohners das Verfallsdatum abgelaufen war; was sagt diese Gesamtnote dann über die Qualität der Arbeit aus? NICHTS!

Wenn wir den administrativen Aufwand mit der Aussagekraft einer solchen Note ins Verhältnis setzen, wird schnell klar, dass ein wichtiger Teil der Arbeitszeit in der Pflege nicht für die Menschen, sondern für die administrative Arbeit gebraucht wird. Die Ergebnisse des „Pflege TÜV´s“ haben nur eine unzureichende und oft auch falsche Aussagekraft zur Qualität der Pflege. Die Stichproben betreffen gerade mal 5% der Bewohner und da sie nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, sind sie nicht einmal repräsentativ.

Eine wirkliche Qualität könnten vor Ort aktive Heimaufsichten beurteilen, die „ihre“ Heime kennen, diese regelmäßig besuchen auch unangemeldet und eine ganzheitliche Sicht der Arbeit haben. Die Konsequenz müsste sein, die MDK Prüfungen werden abgeschafft, das frei werdende Personal wird den kommunalen Heimaufsichten zur Verfügung gestellt und einheitliche Qualitätskriterien für das ganze Bundesgebiet, sind die Grundlage. Jetzt haben wir ein bisschen  Heimaufsicht vor Ort (16 unterschiedliche Landespflegegesetze) und ein Monster von MDK Prüfung, die sowieso nur der verlängerte Arm der Pflegekassen ist und außer viel Papier nichts bringt.

-Es gibt viel zu tun Herr Spahn, packen sie´s an!-

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Die Wirklichkeit will Politik nicht sehen!

Der Pflegenotstand ist Alltag in der Altenpflege, der Bericht in der TAZ  (TAZ -Leiharbeit in der Altenpflege-)  beschreibt es anschaulich. Die tägliche Wirklichkeit in deutschen Pflegeeinrichtungen, Ausnahmen bestätigen die Regel, ist geprägt von fehlendem, überfordertem und ausgelaugtem Personal. Private Betreiber, wie Alloheim, sind da nur die Spitze des Eisbergs, denn die Problematik des Personalmangels gibt es überall.

Fehlendes Personal, fehlendes Material, schlechte Behandlung, viel Druck, wann geht die gesamte Pflegebranche endlich geschlossen auf die Strasse und demonstriert, „weil wir es wert sind“, die Erzieher/innen konnten es doch auch.

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Billig Anbieter oder Qualitätsanbieter!

Es macht immer wieder „Freude“ führende Köpfe der Freien Wohlfahrtspflege, im diesem Fall der Diakonie, mit solchen Forderungen zu hören. (Altenpflege-online.net) Natürlich sind viele private Anbieter Preisbrecher und das nur, weil sie schlecht bezahlen, mit dem Personal jonglieren, und vielleicht „besser mit Geld umgehen können“???. Ja, wir brauchen einen flächendeckenden Tarifvertrag mit gleicher Bezahlung für alle Pflegekräfte und eine Kehrtwende in der Sozialpolitik. Es wäre aber auch gut, wenn die Freie Wohlfahrtspflege /Diakonie erst mal vor der eigenen Haustür kehren würde, ehe man öffentlichkeitswirksam von „an die Kandare nehmen“ spricht. Dort gibt es z.B. unterschiedliche Bezahlungen und Sondervereinbarungen in einzelnen Landeskirchen und kirchliche und gemeinnützige Träger haben Einrichtungen schon an private Träger verkauft, als sie mit den Finanzen nicht mehr klar kamen.

Seit Jahren sitzen die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in den verschiedensten Gremien auf Landes- und Bundesebene und die Entwicklung war absehbar, aber die Funktionäre vor Ort in Berlin haben nichts erreicht. Herr Kohl und Herr Blüm haben die Marktwirtschaft in der Pflege etabliert und Frau Merkel ist sehr zufrieden mit der Situation, denn die Spannungen des Marktes haben natürlich immer auch die Preise gedrückt und damit die Pflegeversicherungsbeiträge. Wenn ich in meiner Arbeit Pflegesätze verhandelt habe, musste ich mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern um jeden Cent kämpfen und viel zu viele Träger haben diesen Kampf verloren. Also keine großen Sprüche, macht eine gute Arbeit und kämpft um Pflegesätze, die dieser Arbeit gerecht werden, dann verlieren die Billig Anbieter von selbst.

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Ambulante Intensivpflege – ein krankes Geschäft! -report München-

Die Sendung vom 27.03.2018 reiht sich ein in die Katastrophenmeldungen aus der Pflege wie wir sie von Zeit zu Zeit in Presse Rundfunkt und Fernsehen vorgetragen bekommen. Um keinen falschen Eindruck zu vermitteln, es ist unverzichtbar, dass die Medien die Probleme aufgreifen und den Finger in die Wunden legen, aber was ändert sich?

Das Fazit des Reporters war dann auch klassisch: „Die Politik kann etwas ändern, indem sie endlich für bessere Kontrollen bei Pflegediensten sorgt.“ Ist das die Lösung?

Das Dilemma wurde in dem Bericht mit der AOK Bayern deutlich, die beiden Vertreter der Kasse wiesen indirekt darauf hin, dass die bereits eingesetzten Kontrollen nicht greifen. Erster Punkt ist die MDK Note, sie spiegelte nicht die Realität des Pflegedienstes wider, denn er war mit 1,7 bewertet und die gezeigten Leitungen waren schlecht. Um sich besser zu informieren empfiehlt der Mitarbeiter der AOK den Versicherten, sich den gesamten Transparenzbericht zu besorgen, um sich ein ganzheitliches Bild machen zu können. Die Begründung: die MDK Noten spiegeln nicht alle Inhalte der Prüfung wider. Punkt zwei, der leitende Mitarbeiter der AOK musste eingestehen, dass es ein Versorgungsproblem gibt, das zur Folge hat, dass Pflegedienste, gegen die wegen Betrugs ermittelt wird, die Patienten trotzdem weiter versorgen müssen und sogar von der AOK „empfohlen“ werden.

Es war die Idee der Politik, dass die MDK Noten es den Versicherten erleichtern einen guten Pflegedienst oder eine gute Pflegeinrichtung zu finden. Was ist daraus zu schließen: das Benotungssystem hat versagt, wenn der Versicherte sich schon den ganzen Bericht durchlesen muss um festzustellen, was bei dem Leistungsanbieter gut oder schlecht ist. Ergebnis, die Kontrollen funktionieren nicht, die MDK Noten sind eine Farce.

Noch deutlicher werden die Probleme an der Tatsache, das Pflegdienste kriminelle Energie entwickeln, indem sie unausgebildete, der deutschen Sprache nicht mächtige, ausgebeutete Mitarbeiter zu hochkomplexen medizinischen Aufgaben schicken, um für Leistungen zu kassieren, die sie nicht erbringen und auch nicht erbringen können. Wenn die Kranken- /Pflegekassen diese Pflegedienste dann auch noch vermitteln mit der Begründung, das es ein Versorgungsproblem gibt, dann ist das nicht nur ein Pflegenotstand, dann ist das unverantwortlich und geradezu schizophren.

Kriminelles Handeln wird sich nicht mit MDK Prüfungen lösen lassen, denn kriminelle Energie kann nur mit kriminalistischen Methoden bekämpft werden. Der Pflegenotstand (Fachkräftemangel) braucht zukunftsorientiertes Handeln, er wird nur mit mehr und gutausgebildeten Fachkräften aufgelöst, d.h. eine leistungsgerechte Bezahlung, eine wertschätzende Anerkennung und gute Arbeitsbedingungen, das motiviert und gibt der Pflege Perspektive, wann begreifen wir das endlich!

Verständlicherweise werden jetzt viele fragen: „und wie lösen wir damit den gegenwärtigen Fachkräftemangel“? Natürlich nicht, aber wenn jetzt nicht eine grundlegende Wende eingeleitet wird, werden wir in Zukunft immer mehr Berichte über die Katastrophen in der Pflege sehen, denn viele personelle Bedingungen auch in Stationären Pflegeinrichtungen ähneln schon jetzt der Situation aus der Sendung.

STOP!, etwas kann jetzt schon getan werden, viele Arbeitgeber sollten sich einmal die Arbeitsbedingung in ihren Einrichtungen genauer ansehen, da gibt es auch einiges zu verbessern. Wie sehen sie das?

Illustration Jürgen Pankarz
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Altenpflege „im toten Winkel“?!

Ist ein Tatort geeignet, uns die Probleme der Pflege näher zu bringen?

Was wir als Fachleute gesehen haben, kennen wir aus dem Alltag, die vielen Bewohner und Patienten, bei denen das Leben sich nicht mehr lebenswert „anfühlt“ und die uns leise ins Ohr flüstern: „wann holt mich der liebe Gott endlich“, die überforderte Tochter bei der die Aggressionsspirale sich im Laufe vieler Jahre ins unüberwindliche steigert, den bürokratischen MDK Prüfer, der sich scheinbar strickt nur an die Vorschriften hält, die ambulant versorgte Wachkoma-Patientin, für die wir immer zur richtigen Zeit die richtige Fachkraft vor Ort haben müssen, und, und, und.

Aus dem Alltag wissen wir alle, dass es natürlich auch anders geht und Lebensfreude, Patientenwünsche und fachliche Pflege ebenso Teile der Altenpflege sind. Die wichtige Botschaft dieses Tatorts aber heißt Zeit und Geld, oder sollte ich sagen Geld und Zeit? Mehr finanzielle Unterstützung hätte das Ehepaar Claasen nicht an den Rand ihrer eigenen finanziellen Mittel gebracht und der Tochter Raum gegeben, auch mal etwas Zeit für sich selber zu haben. Dieser Tatort zeigt das Ergebnis einer Entwicklung in der die politischen Aktivitäten primär darauf ausgerichtet waren, Ausgaben zu deckeln, das Handeln an den Menschen zu normieren und die Qualität vor allem durch Kontrollen zu „verbessern“ und eine Moral politisch zu definieren, in der Tod und Sterben ausschließlich in die Hand einer übergeordneten göttlichen Autorität gehört.

Es gibt viel zu tun, wenn Altenpflege in Deutschland wieder etwas mit Selbstbestimmung, fachlicher Kompetenz und Würde zu tun haben soll, das hat dieser Tatort gezeigt.

Illustration: Jürgen Pankarz
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