Das Problem einer guten, ausreichenden Versorgung hilfs- und pflegebedürftiger Senioren ist schon jetzt vor Ort angekommen! Als Mitglied des Seniorenbeirats in Dorsten werde ich täglich damit konfrontiert. Seit Jahren bieten wir in dieser Stadt durch ehrenamtliche Mitarbeiter Hilfen in den verschiedensten Bereichen an. Wir unterstützen die Seniorinnen und Senioren z.B. bei Fahrten zum Arzt oder bei Einkäufen, machen Hausbesuche, helfen bei Behördenfragen oder technischen und handwerklichen Problemen im Haushalt.
Leider müssen wir erleben, wie sich in zunehmendem Masse eine Schere zwischen den an uns gerichteten Hilfsanfragen und unseren Möglichkeiten diese Anfragen zu bedienen auftut. Den Seniorenbeirat erreichen im verstärkten Maße Anfragen von alleinstehenden und hilfsbedürftigen Menschen, im Gegenzug fehlen Helfer, die bereit sind, bei diesen ehrenamtlichen Tätigkeiten mitzuwirken. Die Rückmeldungen professioneller Anbieter von caritativen wie privaten Trägern bestätigen, dass das Personal fehlt und die finanziellen Möglichkeiten aus öffentlichen Töpfen einen großen Teil notwendiger Hilfen nicht abdecken.
Der Seniorenbeirat ist sehr besorgt, dass eine ausreichende, individuelle und fachlich fundierte Versorgung seiner altersgleichen Mitbürger im ambulanten wie im stationären Bereich immer weniger sicher gestellt werden kann, die Vereinsamung weiter zunimmt und Menschen auf der Strecke bleiben, die nicht die Kraft und die Möglichkeiten haben, für ihre täglichen Bedürfnisse zu sorgen.
Gleichzeitig nimmt die Überalterung unserer Gesellschaft seit Jahrzehnten, wie von Wissenschaftlern und Statistikern prognostiziert, weiter zu.
ZITAT: „Die Zahl der Menschen ab 80 Jahren wird noch bis etwa 2030 bei rund 6 Millionen liegen. Ab Anfang der 2030er-Jahre wird sie dann für etwa 20 Jahre kontinuierlich zunehmen und im Jahr 2050 je nach der angenommenen Entwicklung der Lebenserwartung auf 8,4 Millionen bis 9,9 Millionen wachsen.“
Zusätzlich zu dem sich seit Jahren entwickelten Pflegenotstand steigt der Anteil der Hochaltrigen ab Ende der 20er-Jahre überproportional, und dieser Tatsache ist die Politik über alle Parteien hinweg in den letzten mehr als 20 Jahren nicht gerecht geworden, d. h. die entsprechenden Gesetze und die dafür zur Verfügung stehenden Mittel stehen in einem eklatanten Widerspruch zur Realität.
Die Zahlen fehlender Pflegekräfte werden seit Jahren von den Medien angeprangert und es ist von nachgeordneter Bedeutung, wie viele es nun genau sind. Die Tatsache, dass in ambulanten Pflegediensten und in Pflegeeinrichtung eine große Anzahl von Stellen nicht besetzt werden können, bedeutet das die vorhanden Mitarbeiter für die nicht vorhanden Mitarbeiter die Arbeit mitmachen müssen, was natürlich nicht gelingt. Ambulante Dienste nehmen nur noch begrenzt neue Kunden an und Pflegeeinrichtungen können vielfach keine Bewohner neu aufnehmen, da ihnen das Personal fehlt. Die ersten Träger sind aufgrund dieser Tatsache bereits insolvent. Der Teufelskreis setzt sich weiter fort, das vorhandene Personal brennt aufgrund der Überbelastungen mehr und mehr aus und die Krise droht zu einer Katastrophe zu werden.
Das heißt, die professionellen Angebote werden den Bedarf nicht decken können, sodass die Hilfen vor Ort die sogenannten niedrigschwelligen Angebote immer mehr an Bedeutung gewinnen, gleichzeitig wächst der Bedarf noch durch die steigenden Zahlen hochaltriger Mitbürger.
Dieser Teufelskreis, der sich in all den Jahren entwickelt hat, aber nicht durchbrochen wurde, hat dazu geführt, dass die beschriebenen Konsequenzen tagtäglich vor Ort in den Städten, Gemeinden und Kreisen wie auch in Dorsten bei den Menschen sichtbar werden.
Wir alle stehen machtlos vor der Tatsache, dass wir den Hilfebedarf sehen, aber nur sehr punktuell und in viel zu wenigen Einzelfällen unterstützen und helfen können und wir auf eine massive Unterversorgung zusteuern, wenn wir, die Senioren, nicht gemeinsam den Schulterschluss suchen und uns mit ehrenamtlichem Engagement auf den Weg machen.