Wissenschaft und Praxis

In einem Memorandum (Stellungnahme, Denkschrift) mit dem Titel, „Arbeit und Technik 4.0 in der professionellen Pflege“ schreiben die Verfasser: „Ausgangspunkt dieser Positionierung ist ein Verständnis von Pflege als Interaktionsarbeit an und mit Menschen, die einer besonderen Gestaltung und Wertschätzung bedarf. Die Unterzeichnenden sind sich einig, dass Pflegekräfte stärker als bisher von Technik profitieren sollten. Hierfür sind sie in die Gestaltung von Technik einzubeziehen, die sie und ihre konkrete praktische Arbeit betrifft“.

Es ist gut und richtig solche Forderungen aufzustellen, wenn man das Memorandum weiterliest und das ist es wert, wird unter Punkt 3. „Zum Verständnis der professionellen Dienstleistung Pflege“definiert, dass das Handeln in der Pflegepraxis ein Zusammenspiel aus Forschungsergebnissen und der konkreten Situation der Person, die der Pflege bedarf, sein muss.

Pflege ist primär geprägt durch situatives Handeln, die Frage ist aber, wird die Situation immer nur von den Personen bestimmt, die der Pflege bedürfen, oder wird der Pflegealltag vielmehr geprägt durch den finanziellen und den Zeit-Druck, ist nicht eher ausschlaggebend, ob die Kollegen meckern, wenn man zu lange bei einem Bewohner war, kein Inkontinenzmaterial da ist, weil gespart wird, oder die Brote noch schnell fertig gemacht werden müssen, weil die Hauswirtschaftskraft schon seit drei Wochen ausgefallen ist.

Es geht nicht darum Wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse klein zu reden und es ist längst überfällig, die Pflege flächendeckend mit IT Systemen (Technik) auszustatten, die entlasten und unterstützen, aber es erscheint mir sehr weit weg von der Realität, sich vorzustellen, dass der Prozess einer Einführung technischer Mittel für die Pflege einen Vorlaufprozess verkraften kann, Zitat: „Für eine gute Gestaltung von Arbeit 4.0 in der Pflege bedarf es einer konsequenten, interdisziplinären und zielgerichteten Entwicklung, Einführung und Folgenabschätzung sozio-technischer Innovationen gemeinsam mit der professionellen Pflege.“ So wünschenswert wie das wäre.

Sind solche Beiträge hilfreich, oder verursachen sie womöglich auch Aggressionen, wenn Praktiker sie lesen? Um keinen falschen Eindruck zu erwecken, der Artikel ist klug geschrieben und sauber recherchiert und beschreibt sehr klar und deutlich, worum es gehen muss im Zusammenspiel zwischen zu Pflegenden und den Pflegenden und das es eine Unternehmerische Verantwortung gibt, sie in Entwicklungsprozesse, in diesem Fall technischer Entwicklungen, unbedingt einzubeziehen. Die reine Lehre ist das Eine, aber wenn man die Früchte zu hoch hängt und keiner mehr ran kommt, ist die Frustration größer als die Hilfe. Wissenschaft und Forschung ist immer in der Gefahr, sich zu weit von der Praxis zu entfernen und da Politik seine Entscheidungen immer eher auf wissenschaftliche Gutachten, als auf praktische Erkenntnisse stützt, braucht Wissenschaft wieder mehr Praxisbezug, der Wege aufzeigt und nicht nur von Idealen bestimmt wird. Pflege braucht dringend neue gangbare Wege, die auch aus wissenschaftlich begründeten Erkenntnissen der aktuellen Situation abgeleitet werden.

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