Offener Brief an Frau Merkel!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, nun sind sie über 12 Jahre im Amt und die Pflege ist in ihrer stärksten Kriese seit dem Pflegeversicherungsgesetz 1995. Was ist der Hintergrund? Kurz nach ihrem Amtsantritt haben sie die Föderalismusreform im Jahr 2006 auf den Weg gebracht. Mit dieser Reform wurde die alleinige Zuständigkeit u.a. für das Heimrecht, das die Bedingungen für die Pflegebedürftigen bestimmt, vom Bund auf die Länder übertragen. Dadurch sind sechzehn sehr unterschiedliche Ländergesetzgebungen, mit sechzehn weit auseinanderklaffenden Stellenschlüsseln in der Pflege entstanden, die untereinander nicht kompatibel sind. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz 2008 haben sie die MDK Prüfungen eingeführt, die weder Ergebnisqualität richtig prüfen, noch wirksam Pflegemängel feststellen können, aber einen riesigen bürokratischen Aufwand verursachten. Mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz 2009 wurde erreicht, dass sich der bürokratische Aufwand weiter erhöhte und sich viele Wohngemeinschaften für Demente gründeten, die Arbeit dort sich aber jeder Kontrolle entziehen konnte. Diese und noch andere Punkte haben dazu geführt, dass sich in der Pflege starke Unsicherheiten entwickelten, die durch die vielfältigen Gesetzesänderungen, zusätzlichen bürokratischen Aufwand, den verstärkt aufkommenden finanziellen Druck und einen konkurrierenden Pflegemarkt entstanden sind. Diese Entwicklung verfehlte ihre Wirkungen bei den Mitarbeitern nicht. Der Freude an der Arbeit, die ich selber noch erlebt habe, sind Überforderung, Müdigkeit, steigende Krankheitsquoten und viel Frustration gewichen.

Die problematischen Punkte in der Pflege, vor allem bezogen auf die Mitarbeiter, wurden bereits zu Beginn ihrer Amtszeit durch die Ergebnisse des Runden Tischs Pflege 2005 vorgelegt. Fünf Gesundheitsminister/Innen saßen und sitzen in ihrer Amtszeit am Kabinettstisch und da war es nicht möglich die Entwicklungen und Probleme richtig einzuschätzen und zu bewerten? Jetzt haben sie die Gelegenheit in die Offensive zu gehen und auf die akute Notlage in der Pflege zielstrebig zu reagieren, sorgen sie dafür, dass Herr Spahn eine erste angemessene Tranche Geld in die aktuelle Situation stecken kann, damit ein Kollaps verhindert wird, die Pflegekräfte, die pflegenden Angehörigen und damit die Pflegebedürftigen brauchen das. Bei den Bankenrettungen hat es doch auch geklappt. Darüber hinaus braucht ihr/unser Gesundheitsminister ihre ganze Unterstützung, dass Pflege und damit auch das ganze Gesundheitssystem eine umfassende Reform bekommt, denn mit kleinen Kompromissen werden die Probleme nur verschoben, aber das wissen sie ja.

 

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Offener Brief an die ARD!

Sehr geehrte Damen und Herren der ARD Redaktion, die Sendung „Wie lösen wir den Pflegenotstand“, die sie der Produktionsfirma von Frau Maischberger abgekauft haben, könnte man, wenn man sehr böswillig wäre, unter dem Thema „Außer Spesen nichts gewesen“ abbuchen. Wie so oft bei solchen Talk-Shows, muss man sich die Essenz einer solchen Runde selber suchen. Aber nacheinander, Frau Berger und Frau Hallerman haben eindrucksvoll ihre persönlichen Erfahrungen mit Pflege vorgetragen, Erfahrungen, die täglich hunderttausende von Angehörigen in den unterschiedlichsten Ausprägungen erleben, die den Zuschauer sehr betroffen machen und den Pflegenotstand in Deutschland bestätigen, aber die wirklichen Veränderungsvorschläge vermissen liessen, außer dass das „Haus Pflege“ neu gebaut werden muss (Frau Hallermann). Herr Plett hat die Lanze für die Altenpflegekräfte gebrochen, die auf der einen Seite massiv überfordert sind, aber z.T. auch eine persönliche Befriedigung in dem Beruf finden. Es ist bekannt und allen klar, dass mehr Personal in der Pflege dringend nötig ist. Herr Rieger hat deutlich gemacht, dass man vom Polizisten über den Immobilienmanager zum Pflegerebell werden kann, indem man sich öffentlich gegen MDK Prüfungen wert und Herr Greiner hat sich, wie erwartet, um konkrete Antworten auf an ihn gestellte Fragen herumgedrückt, stattdessen dafür plädiert, dass man die Noten des MDK „richtig“ lesen muss. Konstruktive Anregungen waren verständlicherweise von diesen Gesprächspartnern auch nicht zu erwarten, weil sie doch in ihrem eigenen Erleben stark gefangen sind. Bei einem Aufsatz in der Schule zu dem Thema hätte der Lehrer darunter geschrieben „Thema verfehlt“.

Herr Spahn hat sich in dieser Runde sehr bemüht am eigentlichen Thema zu bleiben, er würde z.B., wenn der Koalitionspartner mitzieht, die MDK Prüfungen sofort aussetzen bis sich etwas „Besseres“ findet, das ist doch schon mal ein Wort. Darüber hinaus bestätigte er viele der Anmerkungen seiner Gesprächspartner und wiederholte mehrfach: „das verstehe ich gut, und „darüber müsste man sprechen“. Seine eigentliche Aussage aber trifft den Kern des Problems, nämlich, das an der Decke (der Finanzen) Viele ziehen, heißt: jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Diese Botschaft macht klar, Politik wird nur sehr begrenzt Mittel einsetzen um den Pflegenotstand zu beheben und daraus gibt es für alle Aktiven in der Pflege nur eine Konsequenz, „hilf dir selbst“. Frau Berger hat dann ungewollt aber sehr aufrichtig und sensibel den Schlusspunkt gesetzt und der heißt in der Übersetzung, „wenn ich einmal schwerstpflegebedürftig werden würde, möchte ich nicht mehr leben“, das hat sie so mit ihren Kindern besprochen. An dieser Stelle kommt dann wieder die Politik ins Spiel, die auf der einen Seite seinen Bürgern vorschreibt wie sie zu sterben haben (§ 217 StGB), aber nicht die notwendigen Mittel und gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zur Verfügung stellt, dass eine pflegebedürftige Zeit bis dahin menschenwürdig und mit Fachverstand gestaltet werden kann. Sehr geehrte ARD Redaktion, das wäre doch mal ein Spannungsfeld, das sachkundig und kompetent diskutiert werden müsste.

Illustration Jürgen Pankarz
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Offener Brief an Frau Maischberger

Sehr geehrte Frau Maischberger, glauben sie wirklich, dass man mit einer so populistischen Veranstaltung ernsthafte und hilfreiche Antworten auf die Frage: “Wie lösen wir den Pflegenotstand“ bekommt? Herr Spahn hört z.Zt. sehr viel und wahrscheinlich auch zum ersten Mal von den vielschichtigen Problemen der Pflege. Er weiß, dass Gesetzesänderungen, die eine wirkliche Kehrtwende einleiten könnten, lange Wege durchschreiten, und die notwendigen Finanzmittel in Milliarden Höhe nur schwer locker zu machen sind, was soll er also sagen? Frau Berger, Herr Plett und Frau Hallermann werden emotional eine Menge rüber bringen, aber zu richtigen Lösungen werden sie kaum beitragen können. Herr Rieger hat Recht mit seiner MDK Schelte, dem Kampf gegen Bürokratie und der Tatsache, dass es zu viel Unmenschlichkeit in der Altenpflege gibt, darauf wird er sicher hinweisen. Herr Greiner ist der Vertreter eines Teils der privaten Pflegeanbieter, die Millionen Gewinne abschöpfen, viel zu viele Horrormeldungen in einzelnen ihrer Einrichtungen produzieren und außerdem noch mit dem BPA Arbeitgeberverband um die Vormachtstellung am Markt konkurrieren. Mehr Geld für die Pflege landet dann wo?

Es geht aber um etwas Anderes, nämlich klare Perspektiven, d.h. ein flächendeckendes, einheitliches Tarifwerk für alle Pflegekräfte, denn die Bezahlungen klaffen weit auseinander, übrigens am schlechtesten sind sie z.T. bei privaten Trägern. Dann geht es um Pflegesatzvereinbarungen die diese Kosten auch refinanzieren, verbunden mit bundeseinheitlichen Stellenschlüsseln. Wie man dahin kommen kann wäre doch mal ein gutes Thema, denn allein die Tarifvielfalt zu überwinden, muss man sich mit den gegebenen Machtstrukturen (z.B. Verdi, Kirchen, etc.) massiv auseinandersetzen. Über 23 Jahre Leitung von Altenhilfeeinrichtungen, incl. Fachseminar für Altenpflegeschüler, gibt mir das Recht darauf hinzuweisen, dass Frau Berger, Herr Plett und Frau Hallermann sicher für ihre einzelnen Erfahrungen Anerkennung verdient haben, aber die Probleme der Pflege werden nur mit einer kraftvollen, nachhaltigen und engagierten Politik gelöst und da weckt der Titel ihrer Sendung vielleicht Hoffnungen, aber wird keine wirklichen Lösungen liefern können, außer das viele Menschen noch aufgebrachter sind über den Pflegenotstand.

 

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Das wäre ein Skandal!

Pflegemarkt.com twittert heute „Alloheim plant Erwerb aller Anteile an Costmas Beteiligungsgesellschaft“. Zur Erklärung, diese Gesellschaft verpachtet Immobilien an die Itertalklinik Seniorenzentrum GmbH & Co. KG . Weiter schreibt Pflegemarkt: „Ebenfalls erworben werden soll die Itertalklinik Seniorenzentrum GmbH & Co. KG, an welcher Cosmas beteiligt ist“. Diese Gesellschaft wiederum betreibt Einrichtungen für Senioren u.a. auch ein Pflegeheim in Simmerath.

Bis zum September 2016 betrieb diese Einrichtung Alloheim und geriet nach massiven Beschwerden und erkennbaren Mängeln in den Focus der Heimaufsicht, die zunächst einen Belegungsstop anordnete und dann mit der Schließung drohte, da sich trotz wiederholter Auflagen nichts änderte. Um eine Evakuierung der Bewohner zu verhindern, fand sich ein neuer Betreiber und zwar die Itertalklinik Seniorenzentrum GmbH & Co. KG unter ihrem geschäftsführenden Gesellschaft Dr. med. Christoph M. Kösters, der sie auch heute noch betreibt.
Am 30.09 2016 schreibt die Aachener Zeitung unter dem Titel Seniorenresidenz: Zwischen Schock, Wut und Hoffnung“ dazu: „Die Betroffenen konnten am Donnerstagabend erleichtert aufatmen. Das rigorose Vorgehen der Heimaufsicht beendete einerseits schlagartig die wiederholt angemahnten eklatanten Pflegemissstände im Haus, aber die Tage der Ungewissheit hatten auch viele der Bewohner in Angst und Schrecken versetzt, dass sie nicht mehr in Simmerath bleiben könnten“.

Sollte der oben beschriebene Verkauf der Cosmas und der Itertalklinik Gesellschaften Wirklichkeit werden, wäre das ein Skandal, der nicht zu überbieten ist. Ein Betreiber von Pflegeinrichtungen muss wegen massiver Mängel unter Druck der Heimaufsicht die Einrichtung abgeben und erwirbt sie zwei Jahre später wieder mit dem Kauf der gesamten Gesellschaft zurück.

Alloheim steht an verschiedenen Standorten in Deutschland unter Kritik und wurde gerade erst für 1,1 Milliarden Euro von der schwedischen Nordic Capital aufgekauft, die dazu auf ihrer Internetseite schreibt: „Nordic Capital acquired Alloheim in March 2018. As an established healthcare investor with a track record of building high quality sustainable businesses, Nordic Capital intends to support Alloheim management’s strategy to continue to deliver high quality services and care to its residents, and to invest in further expanding the facilities and services offered by Alloheim“. Stimmen Anspruch und Wirklichkeit hier überein?  Nordic Capital führt seine div. Investments auf und schreibt jeweils dazu, wann sie übernommen und wann sie wieder verkauft wurden, z.B. Investment dat:2014, Exit date:2107. Wann ist es für Alloheim so weit? Der pflegebedürftige, hilflose Menschen als Handelswahre für Spekulanten und Renditejäger!  

Illustration: Jürgen Pankarz
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Wie macht man Jobs in der #Pflege attraktiver?

Pflegenotstand (nur) in Bayern? BP24 vom 10.04.18. Der Schlagzeilen-Journalismus zu den aktuellen Problemen blockiert leider immer wieder die Tatsache, dass Pflegebedürftige in der Altenpflege zum „Abfallprodukt“ unserer Wahrnehmung werden.

Die pflegebedürftige 82 jährige demente Frau K. lebt seit 4,5 Jahren im Heim XY; sie hat keine Verwandten mehr. Seit 3 Jahren kümmert sich ein Berufsbetreuer um ihre finanziellen und administrativen Angelegenheiten, er hat über 60 weitere Klienten und kann aus Zeitgründen nur alle sechs Wochen mal nach ihr  schauen. Frau K. hat Pflegerad 4 , sie hatte einen starken Bewegungsdrang, früher ist sie mit ihrem Mann viel gewandert, ist immer unruhig durchs Haus gelaufen und hat es auch öfters verlassen, sodass sie gesucht werden musste. Ein Oberschenkelhalsbruch wurde nicht richtig auskuriert und der Personalmangel verbunden mit dem häufigen Wechsel der Mitarbeitern, hat auch dazu geführt, dass der Diabetes oftmals unkontrolliert blieb, sodass Frau K. ein Unterschenkel amputiert werden musste. Der Betreuer wurde über die gesundheitlichen Veränderungen informiert, hat tel. auch mal nachgefragt, konnte die Situation aber letztendlich nur aus der „Ferne“ verfolgen. Nun liegt Frau K. fest im Bett, die Beruhigungstabletten, der Sturz, der unkontrollierte Diabetes haben das ihre getan und so müssen die Mitarbeiter (2 bei 34 Bewohnern in einer Schicht) nicht mehr hinter Frau K. herlaufen und können ihr regelmäßig die Medikamente verabreichen, wenn diese auf Grund des Personalmangels überhaupt ordnungsgemäß vorbereitet sind.

„Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder verfährt.“ Zitat von Gustav Heinemann. Wie viele der über 800.000 Pflegebedürftigen in deutschen Heimen müssen unter den beschrieben und oft noch schlechteren Bedingung vor sich hin vegetieren. Was hat diese Gesellschaft mit den schwächsten und hilflosesten Mitgliedern gemacht? Sind das attraktive Arbeitsbedingungen für motivierte und engagierte Pflegekräfte? Politik hat in den letzten 20 Jahren aus Pflege einen Markt gemacht, die Kosten gedrückt und die Kontrollen erhöht, jetzt steht sie vor dem Scherbenhaufen und hat wieder nur Trostpflaster anzubieten. Wann gibt es eine richtige Reform der Pflege, damit Pflegekräfte wieder Freude an ihrem Beruf haben, dann ist er auch wieder attraktiv.

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Können wir das Ruder in drei Jahren rumreißen?

Es ist auch ein bisschen eine Bankrot Erklärung, wenn der Präsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner in einem Interview sagt: „Wir müssen in den kommenden drei Jahren das Ruder rumreißen, sonst sehe ich schwarz“.

Ein kurzer Blick zurück ist erlaubt. Für die Altenpflege gibt es auf Landes- und Bundesebene eine Vielzahl von Interessenvertretungen, da sind zum einen die Spitzenverbände der verschiedenen kirchlichen und privaten Trägergruppen, der Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege, aber auch der Deutsche Pflegerat, er ist ein Zusammenschluss vieler Berufsverbände. Sie alle vertreten die Interessen der Pflegenden und der zu Pflegenden. Im Jahr 2003 berief das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) über 200 Fachleute aus den verschiedensten dieser Gremien zu einem sogenannten „Runden Tisch Pflege“, „um die Lebenssituation hilfe- und pflegebedürftiger Menschen in Deutschland zu verbessern“. Bis zum Sep. 2005 erarbeiteten die Teilnehmer unter dem Titel „Verbesserung der Qualität in der stationären Betreuung und Pflege“ verschiedene Vorschläge, einen davon unter dem Titel  „Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind in stationären Pflegeeinrichtungen für eine gezielte Personalgewinnung und – bindung konsequent zu verfolgen“. Übrigens, im Nov. 2005 trat Frau Merkel ihre erste Kanzlerschaft an. Warum schreibe ich das so ausführlich, weil alles längst bekannt ist, die Politik außer Marginalien nichts gemacht hat und die vielen Interessenvertreter/innen in diesen Jahren das Ruder hätten rumreisen können. Die Autoindustrie hat sich durchgesetzt, die Pharma Konzerne haben sich durchgesetzt, die Chemische Industrie hat sich durchgesetzt, etc., etc. etc. die Pflege Lobby „hat darauf hingewiesen“ .

Aber schauen wir nach vorne. Es ist davon auszugehen, dass die Prognose von Herrn Wagner Realität wird, heißt, Politik wird keine grundlegenden Änderungen in der Pflege umsetzen und der Personalmangel wird das bleibende Problem der Altenhilfe für die kommenden Jahre /Jahrzehnte und er wird sich noch verstärken. Eine Konsequenz daraus wird allerdings auch sein, dass das Personal verstärkt dort arbeiten wird wo sie gute Bedingungen vorfinden, nämlich fair und respektvoll behandelt werden und entsprechend entlohnt. Aus vielen Jahrzehnten Leitung weiß ich, dass dazu u.a. eine starke Organisation, eine offene und verbindliche Kommunikation, effektive Strukturen und nachvollziehbare Entscheidungswege gehören, die die Leitung in einem verbindlichen Wertekodex auch selber praktiziert, denn die Mitarbeiter können nicht „Zwei Herren dienen“. In einer solchen Einrichtung entsteht ein gutes Arbeitsklima, zuverlässige Diensteinteilungen und die wichtigen Förder- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter, wie Herr Wagner sie anspricht. Nur die Einrichtungen und Träger, die das begreifen, werden einem humanen Menschenbild dann noch gerecht, alle anderen werden nur ums Überleben kämpfen.

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Ist gute Qualität in der Pflege zu erkennen?

„Unangemeldete Prüfungen für Pflege-TÜV“, rbb Sendung vom 06.04.2018.

Der Versuch des Senders, an Hand einer MDK Prüfung (genannt Pflege TÜV) in einem Pflegeheim zu zeigen, was „Qualität“ im Pflegealltag bedeutet, ist in dem Beitrag deutlich geworden. Auf einer Pflegestation eines Pflegeheims in Brandenburg, auf der 33 Bewohner leben, waren an diesem Tag 4 Pflegemitarbeiter eingesetzt und der Reporter hat darauf hingewiesen, das für jeden Bewohner 15 Minuten für die Morgentoilette zur Verfügung standen. In dieser Zeit müssen die Mitarbeiter die bettlägerigen, dementen und körperlich massiv eingeschränkten Damen und Herren aus dem Bett holen oder im Bett entkleiden, waschen, pflegerisch versorgen, ankleiden und Frühstück anreichen. Da wird jedem bewusst, das ist Fließband und hat mit Qualität nicht viel zu tun? Die wirkliche Qualität in diesem Haus waren die freundlichen und zugewandten Mitarbeiter, die sich bemühten trotz Zeitmangel und viel Druck am Menschen zu bleiben.

Die Prüfung selber bezog sich auf die Überprüfung der Pflegedokumentation und Stichproben (drei) bei einzelnen Bewohnern, ergänzt um die persönliche Befragung und in Augenscheinnahme der Ausgelosten vor Ort. Der Herr, der sich bereit erklärt hatte auch gefilmt zu werden, wurde aufgefordert die Arme hochzuheben und gebeten, ob die MDK Mitarbeiterin sich seinen Po ansehen darf. Er wurde gefragt ob er, wie geplant, einmal täglich in den Rollstuhl gesetzt wird. Die unklare und auch verneinende Antwort des Bewohners überging die Dame. Stattdessen reichte es ihr, dass er auf die Frage, ob die Mitarbeiter freundlich sind und das Essen schmeckt, bestätigend antwortete. Wie fühlt sich ein hilfloser, abhängiger Mensch, wenn eine wildfremde Person kommt und will eine „Fleischbeschau“ durchführen, um die Punkte in ihrem Protokoll ordnungsgemäß abzuarbeiten. Die Prüfer erklärten, das sei die Überprüfung der Ergebnisqualität. Das ist keine Kritik an den Prüfern, das ist massive Kritik am Prüf-System.

Die Prüfer kontrollierten außerdem noch in der Pflegedokumentation die ordnungsgemäße Handhabung der Medikamente, die Sturz- und Lagerungsprotokolle, aber auch darüber hinaus die Betreungsangebote,  die Dienstpläne der Mitarbeiter und die Speisepläne verbunden mit einem Blick in die Küche. Das Ergebnis dieser Prüfung wurde dann mit der Leitung besprochen. In dieser Einrichtung „verschlechterte“ sich die Gesamtnote von 1 auf 1,2. Diese „Verschlechterung“ war neben einer zweiten Marginalie darauf zurückzuführen, dass bei einem Medikament eines Bewohners das Verfallsdatum abgelaufen war; was sagt diese Gesamtnote dann über die Qualität der Arbeit aus? NICHTS!

Wenn wir den administrativen Aufwand mit der Aussagekraft einer solchen Note ins Verhältnis setzen, wird schnell klar, dass ein wichtiger Teil der Arbeitszeit in der Pflege nicht für die Menschen, sondern für die administrative Arbeit gebraucht wird. Die Ergebnisse des „Pflege TÜV´s“ haben nur eine unzureichende und oft auch falsche Aussagekraft zur Qualität der Pflege. Die Stichproben betreffen gerade mal 5% der Bewohner und da sie nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, sind sie nicht einmal repräsentativ.

Eine wirkliche Qualität könnten vor Ort aktive Heimaufsichten beurteilen, die „ihre“ Heime kennen, diese regelmäßig besuchen auch unangemeldet und eine ganzheitliche Sicht der Arbeit haben. Die Konsequenz müsste sein, die MDK Prüfungen werden abgeschafft, das frei werdende Personal wird den kommunalen Heimaufsichten zur Verfügung gestellt und einheitliche Qualitätskriterien für das ganze Bundesgebiet, sind die Grundlage. Jetzt haben wir ein bisschen  Heimaufsicht vor Ort (16 unterschiedliche Landespflegegesetze) und ein Monster von MDK Prüfung, die sowieso nur der verlängerte Arm der Pflegekassen ist und außer viel Papier nichts bringt.

-Es gibt viel zu tun Herr Spahn, packen sie´s an!-

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Die Wirklichkeit will Politik nicht sehen!

Der Pflegenotstand ist Alltag in der Altenpflege, der Bericht in der TAZ  (TAZ -Leiharbeit in der Altenpflege-)  beschreibt es anschaulich. Die tägliche Wirklichkeit in deutschen Pflegeeinrichtungen, Ausnahmen bestätigen die Regel, ist geprägt von fehlendem, überfordertem und ausgelaugtem Personal. Private Betreiber, wie Alloheim, sind da nur die Spitze des Eisbergs, denn die Problematik des Personalmangels gibt es überall.

Fehlendes Personal, fehlendes Material, schlechte Behandlung, viel Druck, wann geht die gesamte Pflegebranche endlich geschlossen auf die Strasse und demonstriert, „weil wir es wert sind“, die Erzieher/innen konnten es doch auch.

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Billig Anbieter oder Qualitätsanbieter!

Es macht immer wieder „Freude“ führende Köpfe der Freien Wohlfahrtspflege, im diesem Fall der Diakonie, mit solchen Forderungen zu hören. (Altenpflege-online.net) Natürlich sind viele private Anbieter Preisbrecher und das nur, weil sie schlecht bezahlen, mit dem Personal jonglieren, und vielleicht „besser mit Geld umgehen können“???. Ja, wir brauchen einen flächendeckenden Tarifvertrag mit gleicher Bezahlung für alle Pflegekräfte und eine Kehrtwende in der Sozialpolitik. Es wäre aber auch gut, wenn die Freie Wohlfahrtspflege /Diakonie erst mal vor der eigenen Haustür kehren würde, ehe man öffentlichkeitswirksam von „an die Kandare nehmen“ spricht. Dort gibt es z.B. unterschiedliche Bezahlungen und Sondervereinbarungen in einzelnen Landeskirchen und kirchliche und gemeinnützige Träger haben Einrichtungen schon an private Träger verkauft, als sie mit den Finanzen nicht mehr klar kamen.

Seit Jahren sitzen die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in den verschiedensten Gremien auf Landes- und Bundesebene und die Entwicklung war absehbar, aber die Funktionäre vor Ort in Berlin haben nichts erreicht. Herr Kohl und Herr Blüm haben die Marktwirtschaft in der Pflege etabliert und Frau Merkel ist sehr zufrieden mit der Situation, denn die Spannungen des Marktes haben natürlich immer auch die Preise gedrückt und damit die Pflegeversicherungsbeiträge. Wenn ich in meiner Arbeit Pflegesätze verhandelt habe, musste ich mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern um jeden Cent kämpfen und viel zu viele Träger haben diesen Kampf verloren. Also keine großen Sprüche, macht eine gute Arbeit und kämpft um Pflegesätze, die dieser Arbeit gerecht werden, dann verlieren die Billig Anbieter von selbst.

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Warum Pflegenotstand? Zeit kostet Geld!

Zeit hat die Pflege aber nicht, warum? Bei einem guten, von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Personalschlüssel und einem Mix über alle Pflegegrade, haben Mitarbeiter in 24 Stunden eines Tagesablaufs durchschnittlich 90 Minuten Zeit für jeden Bewohner zur Verfügung und das nur, wenn keiner krank ist. Damit müssen sie ebenso den demenziell veränderten, den schwerstpflegedürftigen und auch den sterbenden Menschen individuell, fachlich und umfangreich medizinisch versorgen, pflegen und betreuen, die administrativen Aufgaben erfüllen, die Übergaben zu den nachfolgenden Kollegen durchführen, mit den Angehörigen sprechen, sich fortbilden und wenn die Putzfrau nicht mehr da ist, auch den aktuellen Dreck wegmachen, damit es „ordentlich aussieht“. Sie sollen schnell, fachkompetent und zielgerichtet auf schwierigste Situationen und Notlagen reagieren, für die Angehörigen immer ein freundliches Wort haben, dem Arzt Rede und Antwort stehen, beim Materialeinsatz sparsam wirtschaften und bei jedem Wechsel in der Leitung sich sofort auf den neuen Vorgesetzten offen und loyal einstellen.  Pflegenotstand ist das Ergebnis einer permanenten Überbelastung der Pflegekräfte bei knappsten Personalschlüssen, steigenden Zahlen Schwerstpflegebedürftiger, ausufernder Administration und abnehmender Anerkennung dieses Berufes durch Politik und Gesellschaft.

Die Mitarbeiter sagen nichts, weil sie Angst haben. Die Pflegelobby stellt immer schöne Forderungen auf, sucht aber mit der Politik nur den kleinsten gemeinsamen Nenner. Einrichtungsleitungen, die die Situation richtig einschätzen, sprechen von erheblichen Problemen, aber da bei ihnen immer noch „Alles ganz gut geht“, will man die eigene Arbeit, die Kollegen und den Beruf nicht diskreditieren. Was ist aber die Konsequenz? Die Teufelsspirale dreht sich immer weiter nach unten, permanente Überforderungen, steigende Krankheitsquoten, zunehmende Aussteiger; die verbleibenden Mitarbeiter verwalten nur noch den Mangel. Die Politik wird weiterhin alle Probleme gut verstehen, öffentlichkeitswirksame Retusche betreiben, aber niemals das Geld in die Pflege geben, das notwendig ist, um einen wirklichen Schub nach oben zu ermöglichen.

  • Die nicht verhandelbare Forderung heißt: eine gleiche Bezahlung für alle Pflegekräfte, mit einem bundeseinheitlichen Personalschlüssel, und die Konsequenzen daraus sichern, kostendeckende Pflegesätze.
  • Voraussetzungen: Ein flächendeckender Tarifvertrag für Pflegekräfte, ein Heimgesetz Bund (hatten wir bis zur Föderalismusreform 2006), das für alle die gleichen Standards festlegt und verbietet, das Versichertenbeiträge, Steuergelder und Eigenmittel, mit denen Pflege bezahlt wird, in die Hände von Fondsmanagern und Spekulanten gehört.
    Illustration: Jürgen Pankarz

    Die Politik ist in der Verantwortung, sie wird nicht glaubwürdiger durch noch mehr „faule“ Kompromisse, sondern durch klare, nachvollziehbare und problemlösende Entscheidungen. Es ist aber zu befürchten, dass diese Kanzlerin mit ihrem Gesundheitsminister in dreieinhalb Jahren, wenn sie denn so lange durchhalten, wieder keine befriedigenden Lösungen anzubieten haben und dann steckt das Kind sicher schon bis zum Hals im Brunnen. Wir brauchen dringend einen flächendeckenden, nachhaltigen Protest der Fachwelt, nur Einigkeit macht stark.

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