Herr Spahn, wollen oder dürfen sie es nicht sehen

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung ist folgende Aussage von Gesundheitsminister Spahn zu lesen: „Spahn sagte, von der Verstaatlichung der Pflegeeinrichtungen halte er „wenig“. Er wies den Verdacht zurück, dass private Investoren in der Pflege vor allem große Gewinne anstrebten, nicht aber eine menschenwürdige Pflege. Wichtig sei, dass die Träger investierten und dass die Arbeitsbedingungen stimmten, sagte er. Dazu zählten die tarifgebundene Bezahlung sowie auskömmliche Personalschlüssel.“

In einem Beitrag von rbb24 ist unter der Überschrift „Beschwerden über Personalnot Heimbewohner verzichten auf Hilfen, um Pfleger zu schonen“, folgende Aussage einer Bewohnerin, Frau Büchner (Pflegegrad 3, „schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten“) zu lesen: „Wenn 20 Personen von zwei Leuten betreut werden sollen, und dann auch noch die Mahlzeiten zubereitet werden müssen – da haben Sie nicht den Mut, diese Personen dann noch um Hilfe zu bitten.“ Frau Büchner lebt in einem Heim der Vitanas Holding Berlin. Vitanas schreibt auf seiner Internetseite: „Was Albertz wichtig war, das Leben und die Würde des Einzelnen, zieht sich wie ein roter Faden durch das Leitbild der Vitanas Gruppe, …“. Wikipedia schreibt zur Geschichte von Vitanas: „Das Unternehmen wurde 1969 auf Anregung des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Pfarrer Heinrich Albertz, gegründet. Im September 2006 wurde Vitanas von der Zehnacker-Gruppe übernommen. Im Januar 2007 erfolgte die Übernahme einer 50-%-Beteiligung an den zwölf städtischen Pflegeheimen Hamburgs (Pflegen und Wohnen Hamburg GmbH) in einem Joint Venture. Im Rahmen des Verkaufs von Zehnacker an den französischen Sodexo-Konzern wurde Vitanas im Dezember 2008 aus dem Zehnacker-Konzern herausgelöst und von dessen damaligen Hauptgesellschaftern, der Familie Burkart, erworben. Am 14. August 2017 gab der bisherige Geschäftsführer Nikolai P. Burkart den Verkauf der Vitanas Holding als auch der Pflege und Wohnen Hamburg GmbH an Oaktree Capital bekannt“. Verkaufspreis, nach Insider Informationen, 500 Mill. Euro. Die Bilanzen (elektronischer Bundesnazeiger) der Vitanas Holding weisen für das Jahr 2015 einen Umsatz von 185,71 Millionen Euro aus, mit einem Personalkosten Anteil von 113,32 Millionen Euro (61,02%) und einem Gewinn von 16 tausend Euro (0,009%), im Jahr 2016 steigt der Umsatz auf 199,72 Millionen Euro, mit einem Personalkosten Anteil von 102,72 Millionen Euro (51,43%) und einem Gewinn von 10,35 Millionen Euro (5,18%).

Auf Grund der oben geschilderten Aussagen von Frau Büchner, bittet rbb24 Vitanas um eine Stellungnahme, die Antwort, Zitat: „Die Geschäftsführerin der Vitanas-Gruppe, Silke Erdle, gibt dem rbb gegenüber schriftlich an, die Dienstpläne gemäß der gültigen Personalschlüssel zu besetzen. „In Zusammenarbeit mit dem Qualitätsmanagement überprüfen wir konstant die Abläufe in der Pflege sowie die Personaleinteilung und passen diese je nach Belegung und Pflegegradmix entsprechend an“, schreibt sie. „Damit reduzieren wir das Überlastungsgefühl der Mitarbeiter. Selbstverständlich reagieren wir über unsere laufenden Prozesse hinaus auf Beschwerden der Bewohner und Mitarbeiter und setzen uns intensiv damit auseinander.“ Schöne Worte, aber wie sieht die Wirklichkeit aus?

Die erheblichen Personalkosteneinsparungen (von 61,02% auf 51,43%) bei steigenden Umsätzen, sind die einzige logische Erklärung für über 10 Millionen Euro Gewinn und die Grundlage dafür, einen solchen Pflegebetreiber, am Rendite orientierten Markt gut zu verkaufen. Oaktree Capital ist eine international tätige Investmentgesellschaft, die für ihre Kunden über 100 Milliarden Dollar Kapital verwaltet. Es ist kein Verdacht, Herr Spahn, dass diese Investoren vor allem erst einmal große Gewinne anstreben und auch umsetzen, sonst würden ihre Kunden nicht ihr Geld dort anlegen, das ist Realität.

Illustration: Jürgen Pankarz

Es ist geradezu naiv zu glauben, dass bei Investment Firmen nicht die gesamte Strategie, bei allen in ihrem Besitz befindlichen Unternehmen, darauf ausgerichtet ist, in kurzer Zeit hohe Renditen zu erwirtschaften, bei bester Imagepflege nach Außen. Diesem Ziel wird alles andere untergeordnet und da sind die Personalkosten immer noch die erfolgreichste Stellschraube, wer etwas anderes sagt, ist entweder blind oder grenzenlos ignorant.

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