Die Story im Ersten – Der Pflegeaufstand

Wenn der Pflegenotstand ein Pflegeaufstand wäre, hätte Politik mehr Druck und würde schneller handeln. Der Beitrag bringt aber die verschiedenen Ursachen, die zum Notstand geführt haben, sehr gut auf den Punkt. Vom renditeorientierten Pflegemarkt, über unzureichende Finanzmittel, bis zu einem untauglichen Kontrollsystem, kommt alles zur Sprache, die negativen Konsequenzen werden aufgezeigt. Eine davon ist eine fehlgeleitete Führungskultur, oder besser Führungsunkultur, die noch den Rest einer Humanität in den Einrichtungen zerstört. Der Pfleger Ralf Pittroff berichtet u.a. davon, wie er versucht hat, mit sieben Kollegen/innen sich gegen destruktive Anweisungen der Leitung zu wehren und nach einer Kündigungs-Drohungen durch diese, fünf „Aufständische“ ihren Widerstand abbrachen. Die Schlussfolgerung ist klar, Angst schüren, mit Angst arbeiten ist immer noch ein „bewehrtes“ Mittel bei Führungspersonal seine Mitarbeiter „im Griff zu behalten“ und wo die Angst regiert, hat Freude, Motivation und menschlicher Respekt keinen Platz.

Herr Fussek rät in dem Beitrag, dass die guten Einrichtungen als positives Vorbild für Schlechte dienen sollten. Sicher ein nachdenkenswerter Ansatz, meine Erfahrungen sagen mir aber, dass man aus einem aggressiven, bellenden  und beißenden Hund kaum einen beschützenden und sorgenden Hirtenhund machen kann.

Herr Fussek spricht auch davon, dass die Pflegemitarbeiter eine große „Lobby“ sind und eine starke Macht wären, wenn sie sich zusammenschließen würden, das ist richtig, wäre das dann aber die Lösung? Ein großer Teil der Pflegemitarbeiter lebt in seiner Arbeit von der Anerkennung und Zuwendung der zu Pflegenden, wenn sie diese wegen eines Streiks nicht versorgen könnten, wäre ihr schlechtes Gewissen sicher übermächtig. Nein, das hieße auch die Mitarbeiter für die Lösung des Pflegenotstands verantwortlich zu machen, den die Politik zu verantworten hat.

Die Lösungen müssen also von den politisch Verantwortlichen kommen. Der Versuch von zwei engagierten Juristen, durch das Bundesverfassungsgericht klären zu lassen, ob der Staat seine Schutzpflichten an den pflegebedürftigen Menschen vernachlässigt, ist vom BVerfG nicht angenommen worden, trotzdem hat Politik über Jahre hinweg bei den gesetzlichen und ordnungsrechtlichen Voraussetzungen versagt und damit eine breite, unmenschliche Versorgungslücke provoziert, da kann Herr Laumann die Pflegeversicherung so schön reden wie er will, Politik ist in der Pflicht, das zu ändern. Sie muss das Schutzrecht der Menschen wieder in den Vordergrund stellen und das geht nur mit einer konsequenten Systemwende und nicht mit ein paar Retuschen an den Symptomen. Den Markt über den Schutz der Menschen zu stellen ist unmenschlich, die Finanzen so einzugrenzen, dass die größten Lasten bei den Betroffenen bleiben, ist haushaltspolitischer Egoismus und einer Selbstverwaltung der Pflegeanbieter die Erstellung der Regeln für die an ihnen zu vollziehenden Kontrollen zu überlassen, ist dumm. Dort müssen die Änderungen ansetzen. Sollte Politik darauf „warten“, bis die beiden Juristen ihr Ziel erreicht haben, beim Europäischen Gerichtshof vorstellig zu werden, haben vermutlich noch mehr Fachkräfte mit den Füssen abgestimmt und haben dieses Arbeitsfeld verlassen oder aber bestenfalls sich für einen guten Träger entschieden, der sie respektiert und wertschätzt und sie dort mit Motivation und Engagement erfolgreich arbeiten können. Oder sollte es doch notwendig werden, dass alle Pflegekräfte einen wirklichen Pflegeaufstand starten, der Politiker zwingt eine Kehrtwende einzuleiten, dann hätte Politik in ihrer Verantwortung, den Schutz der Menschen zu garantieren, versagt.

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