Die Wirklichkeit will Politik nicht sehen!

Der Pflegenotstand ist Alltag in der Altenpflege, der Bericht in der TAZ  (TAZ -Leiharbeit in der Altenpflege-)  beschreibt es anschaulich. Die tägliche Wirklichkeit in deutschen Pflegeeinrichtungen, Ausnahmen bestätigen die Regel, ist geprägt von fehlendem, überfordertem und ausgelaugtem Personal. Private Betreiber, wie Alloheim, sind da nur die Spitze des Eisbergs, denn die Problematik des Personalmangels gibt es überall.

Fehlendes Personal, fehlendes Material, schlechte Behandlung, viel Druck, wann geht die gesamte Pflegebranche endlich geschlossen auf die Strasse und demonstriert, „weil wir es wert sind“, die Erzieher/innen konnten es doch auch.

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Billig Anbieter oder Qualitätsanbieter!

Es macht immer wieder „Freude“ führende Köpfe der Freien Wohlfahrtspflege, im diesem Fall der Diakonie, mit solchen Forderungen zu hören. (Altenpflege-online.net) Natürlich sind viele private Anbieter Preisbrecher und das nur, weil sie schlecht bezahlen, mit dem Personal jonglieren, und vielleicht „besser mit Geld umgehen können“???. Ja, wir brauchen einen flächendeckenden Tarifvertrag mit gleicher Bezahlung für alle Pflegekräfte und eine Kehrtwende in der Sozialpolitik. Es wäre aber auch gut, wenn die Freie Wohlfahrtspflege /Diakonie erst mal vor der eigenen Haustür kehren würde, ehe man öffentlichkeitswirksam von „an die Kandare nehmen“ spricht. Dort gibt es z.B. unterschiedliche Bezahlungen und Sondervereinbarungen in einzelnen Landeskirchen und kirchliche und gemeinnützige Träger haben Einrichtungen schon an private Träger verkauft, als sie mit den Finanzen nicht mehr klar kamen.

Seit Jahren sitzen die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in den verschiedensten Gremien auf Landes- und Bundesebene und die Entwicklung war absehbar, aber die Funktionäre vor Ort in Berlin haben nichts erreicht. Herr Kohl und Herr Blüm haben die Marktwirtschaft in der Pflege etabliert und Frau Merkel ist sehr zufrieden mit der Situation, denn die Spannungen des Marktes haben natürlich immer auch die Preise gedrückt und damit die Pflegeversicherungsbeiträge. Wenn ich in meiner Arbeit Pflegesätze verhandelt habe, musste ich mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern um jeden Cent kämpfen und viel zu viele Träger haben diesen Kampf verloren. Also keine großen Sprüche, macht eine gute Arbeit und kämpft um Pflegesätze, die dieser Arbeit gerecht werden, dann verlieren die Billig Anbieter von selbst.

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Warum Pflegenotstand? Zeit kostet Geld!

Zeit hat die Pflege aber nicht, warum? Bei einem guten, von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Personalschlüssel und einem Mix über alle Pflegegrade, haben Mitarbeiter in 24 Stunden eines Tagesablaufs durchschnittlich 90 Minuten Zeit für jeden Bewohner zur Verfügung und das nur, wenn keiner krank ist. Damit müssen sie ebenso den demenziell veränderten, den schwerstpflegedürftigen und auch den sterbenden Menschen individuell, fachlich und umfangreich medizinisch versorgen, pflegen und betreuen, die administrativen Aufgaben erfüllen, die Übergaben zu den nachfolgenden Kollegen durchführen, mit den Angehörigen sprechen, sich fortbilden und wenn die Putzfrau nicht mehr da ist, auch den aktuellen Dreck wegmachen, damit es „ordentlich aussieht“. Sie sollen schnell, fachkompetent und zielgerichtet auf schwierigste Situationen und Notlagen reagieren, für die Angehörigen immer ein freundliches Wort haben, dem Arzt Rede und Antwort stehen, beim Materialeinsatz sparsam wirtschaften und bei jedem Wechsel in der Leitung sich sofort auf den neuen Vorgesetzten offen und loyal einstellen.  Pflegenotstand ist das Ergebnis einer permanenten Überbelastung der Pflegekräfte bei knappsten Personalschlüssen, steigenden Zahlen Schwerstpflegebedürftiger, ausufernder Administration und abnehmender Anerkennung dieses Berufes durch Politik und Gesellschaft.

Die Mitarbeiter sagen nichts, weil sie Angst haben. Die Pflegelobby stellt immer schöne Forderungen auf, sucht aber mit der Politik nur den kleinsten gemeinsamen Nenner. Einrichtungsleitungen, die die Situation richtig einschätzen, sprechen von erheblichen Problemen, aber da bei ihnen immer noch „Alles ganz gut geht“, will man die eigene Arbeit, die Kollegen und den Beruf nicht diskreditieren. Was ist aber die Konsequenz? Die Teufelsspirale dreht sich immer weiter nach unten, permanente Überforderungen, steigende Krankheitsquoten, zunehmende Aussteiger; die verbleibenden Mitarbeiter verwalten nur noch den Mangel. Die Politik wird weiterhin alle Probleme gut verstehen, öffentlichkeitswirksame Retusche betreiben, aber niemals das Geld in die Pflege geben, das notwendig ist, um einen wirklichen Schub nach oben zu ermöglichen.

  • Die nicht verhandelbare Forderung heißt: eine gleiche Bezahlung für alle Pflegekräfte, mit einem bundeseinheitlichen Personalschlüssel, und die Konsequenzen daraus sichern, kostendeckende Pflegesätze.
  • Voraussetzungen: Ein flächendeckender Tarifvertrag für Pflegekräfte, ein Heimgesetz Bund (hatten wir bis zur Föderalismusreform 2006), das für alle die gleichen Standards festlegt und verbietet, das Versichertenbeiträge, Steuergelder und Eigenmittel, mit denen Pflege bezahlt wird, in die Hände von Fondsmanagern und Spekulanten gehört.
    Illustration: Jürgen Pankarz

    Die Politik ist in der Verantwortung, sie wird nicht glaubwürdiger durch noch mehr „faule“ Kompromisse, sondern durch klare, nachvollziehbare und problemlösende Entscheidungen. Es ist aber zu befürchten, dass diese Kanzlerin mit ihrem Gesundheitsminister in dreieinhalb Jahren, wenn sie denn so lange durchhalten, wieder keine befriedigenden Lösungen anzubieten haben und dann steckt das Kind sicher schon bis zum Hals im Brunnen. Wir brauchen dringend einen flächendeckenden, nachhaltigen Protest der Fachwelt, nur Einigkeit macht stark.

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